Geplante Wirklichkeit (Teil 2)

Dieser Artikel erschien am 25.11.2020 im Rubikon.

 

Geplante Wirklichkeit (Teil 2)

 

Strategien der Zensur und Informationsverbreitung

 

Der dritte Teil der Simulationsübung befasst sich mit dem Thema Informationsverbreitung. Fallzahlen und Sterberate der Pandemie seien gestiegen, wird zu Beginn verkündet. Inglesby eröffnet das Segment mit den Worten:

„Wir haben dieses Treffen heute einberufen aufgrund weltweiter großer strategischer Probleme mit der Kommunikation.“

 

Im Folgenden wird ein Video-Einspieler gezeigt, der eine Fernsehsendung des fiktiven Senders GNN zum Inhalt hat. Eine Sprecherin erklärt:

 

„Twitter und Facebook berichten, dass sie eine beunruhigende Anzahl von Usern haben, die Desinformationen über den Ausbruch verbreiten, und dass sie diese gelöscht haben.“

 

Bild

Ein zugeschalteter fiktiver Social-Media-Experte erklärt eindringlich:

 

„Wir wissen, dass Social-Media-Unternehmen rund um die Uhr daran arbeiten, die Desinformationskampagnen zu bekämpfen. Die Aufgabe, jeden schlechten Akteur zu identifizieren ist immens, und Experten sind sich einig, dass jeden Tag neue Desinformationskampagnen generiert werden. Das ist ein riesiges Problem, dass uns davon abhält, die Pandemie zu bewältigen, und es könnte sogar zum Sturz von Regierungen führen, wie wir es im Arabischen Frühling gesehen haben. Wenn die Lösung bedeutet, den Zugang zu Informationen zu kontrollieren und zu reduzieren, dann denke ich: Das ist richtig.“

 

Eine weitere fiktive Expertin ergänzt in der Sendung:

„Ich stimme Kevin zu, das ist ein großes Problem, und berücksichtigt nicht einmal die riesigen Mengen an falschen Informationen, die von legitimen Quellen über die Pandemie generiert werden. Aber es gibt nicht nur Trolle, die die Fake News verbreiten. Es sind oft sogar Politiker an der Spitze. Wer soll beurteilen, was ist echt, oder nicht? Würden wir jeder Regierung zutrauen, dass sie Wahrheit und Lüge trennt?“

 

Die handverlesenen Teilnehmer des Event 201 und ihre Zuschauer werden also zum Thema Kommunikation vorab in eine bestimmte Richtung hin beeinflusst: Es wird gewarnt vor der Verbreitung falscher Informationen durch „legitime Quellen“ (11) sowie durch Spitzenpolitiker mancher Nationen. Damit erhält die Runde innerhalb der Simulationsübung die Deutungshoheit über wahr und falsch, über alle relevanten wissenschaftlichen Fragen zur Pandemie, zu Krankheit und Gesundheit.

 

Nach dem Einspieler gibt eine fiktive Kommunikationsexpertin im Saal eine Erklärung ab. Sie wägt ab, ob man bestimmte soziale Medien oder gar das ganze Internet sperren sollte.

 

„Wir wissen, dass Social Media heute der gängigste Weg sind, wie Menschen Nachrichten erhalten. Also könnten vorübergehende Sperrungen dieser Plattformen die Flut von Fehlinformationen eindämmen, zugleich aber auch Informationen aus legitimen Quellen einschränken. (…) Einige Regierungen haben die Kontrolle über den nationalen Zugang zum Internet übernommen, andere zensieren Websites und Social-Media-Inhalte, und eine kleine Zahl hat den Internetzugang vollständig heruntergefahren, um die Verbreitung von Fehlinformationen zu verhindern.“

 

Matthew Harrington von Edelman weiß aus der Öffentlichkeitsarbeit, wie man Vertrauen einer Zielgruppe oder Gesellschaft herstellt, dort, wo man es braucht. Sein Ansatz: „Ich würde erst einmal sehen, wo Vertrauen im System besteht.“ Das Vertrauen der Arbeitnehmer in ihre Arbeitgeber sei groß, dies sei auch durch das eigene Edelmann-Vertrauensbarometer in den vergangenen Jahren immer wieder bestätigt worden.

 

„Damit verbunden ist in Krisenzeiten, in welchen wir leben, die Rolle des CEO und das Vertrauen, das ihm für seine Fürsprache und für die Weitergabe seriöser Informationen entgegengebracht wird, beachtlich. Ich würde die Unternehmensführung der Arbeitgeber mit den Führungsorganisationen der Unternehmen zusammenbringen.“

 

Damit das Vertrauen bestehen bleibt, müssten sich die Social-Media-Plattformen ihm zufolge von nun an mit Wissenschaft und Gesundheitswesen zusammentun:

„Und ich denke auch, dass wir an einem Punkt sind, wo die Social-Media-Plattformen hervortreten und erkennen müssen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen sie behaupteten, nur Technologieplattformen und keine Sendeanstalten zu sein. Sie sind in der Pflicht, als aktive Teilnehmer für die Verbreitung korrekter Informationen zu sorgen. Gemeinsam mit Wissenschaft und Gesundheitswesen dafür, als Gegengewicht, wenn nicht sogar, um mit präzisen Informationen die eigene Plattform zu fluten, denn eins ist klar: Wir werden Gini nicht mehr zurück in die Flasche der Fehl- und Desinformation bekommen. Das ist unmöglich.“

 

Selbst Edward Bernays könnte vermutlich noch etwas von Harrington lernen. Wer beeinflusst wen? Das ist eine der grundlegenden Fragestellungen in der PR. Doch mal angenommen, die Pest oder die Ebola bricht vor unserer Haustüre aus, bräuchten wir wirklich eine so perfide PR-Kampagne, um etwas Abstand voneinander zu halten?

 

Auch die Vizepräsidentin von NBC Universal Hasti Taghi hat Ahnung von Public Relations und möchte sicherstellen, dass die „richtigen Vertreter“ in den Medien tätig sind:

„Noch mal zurück zum Vertrauensbarometer. Voriges Jahr wurde in Davos veröffentlicht, dass das Vertrauen in traditionelle Medien gewachsen ist, während das Vertrauen in Social Media besonders nach den jüngsten US-Wahlen gesunken ist. Daher denke ich, eine Möglichkeit, wie wir das angehen müssen, ist sicherzustellen, dass wir die richtigen Vertreter in traditionellen Medien und Netzwerken haben, um unsere Seite der Geschichte darzustellen und um sicherzustellen, dass es keine Fehlinformationen gibt.“

 

Stephen Redd geht noch weiter und schlägt vor, mithilfe der sozialen Medien kritische Geister zu identifizieren:

„Erstens müssen wir anerkennen, dass wir alle anfällig für Fehlinformationen sind, was auf unseren eigenen Überzeugungen und Erfahrungen beruht. Und ich denke, mit den Social-Media-Plattformen gibt es eine Gelegenheit, zu verstehen, wer auf welche Weise so anfällig für Fehlinformationen ist. Es ist da sicher möglich, Daten aus den Netzen zu sammeln.“

 

Avril Haines sieht als ehemalige CIA-Vizedirektorin Handlungsbedarf der Geheimdienste:

„Ich höre von Mitarbeitern, es gibt auch tatsächlich Geheimdienstquellen, die mehrere ausländische Desinformationskampagnen identifizieren und so weiter. Aber das ist alles Teil eines größeren Ganzen, das so geht: Jedes Mal, wenn eine Falschinformation rausgeht, die unsere Fähigkeit, die Pandemie zu bekämpfen, zu stören beginnt, müssen wir in der Lage sein, schnell darauf zu reagieren.“

 

Matthew Harrington erklärt wie die Informationskette durch die Befürworter der zentralisierten Pandemiebekämpfung die Experten in den entsprechenden Umfeldern erreicht:

„Es muss auch eine zentralisierte Antwort und einen Kommunikationsansatz geben, der dann, stufenweise, die Befürworter informiert, die in den Umfeldern der NGOs und in der Medizin vertreten sind und so weiter.“

 

Inglesby fragt ihn: „Sie meinen, zentralisiert international?“ und erhält zur Antwort:

„Ich meine, zentralisiert auf internationaler Basis. Weil ich denke, dass es eine zentralisierte Quelle für Daten, Fakten und Kernaussagen geben muss.“

 

Hasti Taghi sorgt sich um kritische Reaktionen auf den neu zu entwickelnden Impfstoff — und um eigenwillige Regierungen, die dem Narrativ eventuell nicht folgen würden:

„Die Anti-Impfstoff-Bewegung war schon sehr einflussreich, bevor das hier begann, sie hatte sich besonders durch die Sozialen Medien verbreitet. Während wir die Forschung zur Entwicklung der richtigen Impfstoffe betreiben, (…) Wie kommunizieren wir die richtigen Informationen, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit Vertrauen hat in die Impfstoffe, die wir entwickeln?“

 

An dieser Stelle frage ich mich, wen Taghi mit „wir“ genau meint. Die NBC Universal wird den Impfstoff nicht entwickeln, mit wem also fühlt sie sich so verbunden?

 

Taghi fährt fort:

„Und zweitens stehen Medienunternehmen in einigen Ländern derzeit unter dem Druck ihrer Regierungen, politisch günstig Nachrichten zu liefern. Und so müssen wir darüber nachdenken, wissen Sie, da sind nicht nur die Vereinigten Staaten, wo wir manchmal die Pressefreiheit für selbstverständlich halten. Es gibt Länder, in denen die Medienunternehmen im Besitz der Regierungen sind. Und wie verbreiten sie die Informationen? (…) Wie kommunizieren wir mit diesen Regierungen, um sicherzustellen, dass Fehlinformation und Desinformation nicht verbreitet wird?“

 

Wenn in den USA die Pressefreiheit garantiert ist, warum wurde Julian Assange dann nicht längst freigelassen? Diese Frage stellt niemand im Raum. Aber die ehemalige CIA-Vizedirektorin Avril Haines erklärt, wie man widerspenstige Regierungen informationstechnisch überwältigt:

„Wenn Sie eine staatlich geförderte Desinformation haben, gibt es zusätzliche Werkzeuge, die Sie einbringen können, um die Sache anzugehen. Eine Möglichkeit ist es, andere Länder zusammenzubringen, um, Sie wissen schon, gegen die Art von Kampagne vorzugehen, die sie verbreiten. Grundsätzlich ist es ja nicht immer leicht, die Grenze zwischen Desinformation und Fehlinformation zu ziehen. In Wirklichkeit ist der beste Weg es zu beeinflussen, nach meiner Erfahrung, es nicht stehen zu lassen. Also mit anderen Worten finden Sie ihre vertrauenswürdigen Gesprächspartner, die in der Lage sind, zu sagen, das ist nicht akzeptabel, das hier ist die Wahrheit, hier ist die Information.“

 

Bild

Lösungsvorschläge auf dem Event 201 außerhalb der Simulation

 

Das letzte Segment der Simulationsübung beinhaltet ein Gespräch über die Schlussfolgerungen aus der Übung und gibt Raum für ein Fazit. Moderiert wird es von Jeanne Meserve. Sie war CNN-Korrespondentin für Home Security und berichtete bereits über „Guantanamo Bay, die Sicherheit während der Amtseinführung von Präsident Barack Obama, den Hurrikan Katrina“ und die „innere Sicherheit seit den Anschlägen vom 11. September 2001“.

 

Da es nun um ein Resümee geht, wechseln manche Akteure spontan von der klar definierten fiktionalen Ebene des Spiels in die Realitätsebene außerhalb des Spiels. Gefilmt wird weiterhin. So kommt es, dass sie zu guter Letzt noch so manchen überraschenden Vorschlag zutage bringen.

 

Tim Evans, von 2003 bis 2010 Assistant Director General in der WHO und sechs Jahre lang leitender Direktor der Weltweiten Praxis für Gesundheit, Ernährung und Bevölkerung bei der Weltbankgruppe, drückt seine Besorgnis darüber aus, dass die hohe Motivation des Gremiums verloren gehen und im „Business as Usual“ der Beteiligten untergehen könnte. Er möchte „Akteure“, die „dahinter stehen“, nicht enttäuschen:

 

„Ich denke, es sollte, vielleicht aus dem Global Preparedness Monitoring Board mit ein paar Leuten von uns hier: Es sollte einen zeitlich begrenzten Plan mit sehr klaren Zielen geben, in Bezug auf das, was eine neue Stufe der globalen Bereitschaft darstellen würde. Und wir sollten prüfen, was erforderlich ist, um das finanziert zu bekommen, auf eine Weise, dass es nicht nur der gute Wille aller ist, gelegentlich zusammenzukommen, weil sie in Davos (12) oder in New York sind. Das hat eine echte Rechenschaftspflicht gegenüber den Akteuren, die dahinter stehen und sich für eine stärkere globale Steuerung einsetzen, aber eine praktische. Es ist nicht so, dass die WHO das alles tun kann.“

 

Der PR-Experte Matthew Harrington spinnt den Faden einer realen Planung noch weiter:

„Ich teile die Sorge darüber, wie man nachhaltiges Interesse aufrecht erhalten kann, (…) und ein Gedanke, den ich habe, ist: Schaffen wir einen bestimmten Zeitpunkt, auf den wir hinarbeiten, und eine Analogie dazu wäre für mich das Jahr-2000-Computerproblem: Der öffentlich-private Sektor hatte verstanden, dass es zur Jahrtausendwende um Mitternacht einen entscheidenden Moment gab, auf den sich die Menschen entsprechend vorbereiten mussten. Selbst wenn es den Einzelnen in vielen Fällen nicht traf, ging es die Leiter hoch bis zu größeren Organisationen.“

 

Zuvor hatte man vielerorts befürchtet, die Umstellung der Jahreszahl würde einen großen Systemabsturz verursachen. Wie ist Harringtons Idee zu verstehen? Wer alles soll an dieser erneuten Inszenierung teilnehmen, und wer alles soll vielleicht ungefragt Teil davon werden?

 

Jeanne Meserve stellt die Frage in den Raum, ob man im Vorfeld „vertrauenswürdige Stimmen“ etablieren sollte, bevor eine Krise zuschlägt: „Müssen wir diese Stimmen jetzt finden und Vertrauen in sie jetzt aufbauen? Sodass, wenn die Krise einschlägt, die Leute bereits das aufgebaute Vertrauen haben?“

Dazu hat Hasti Taghi folgende Idee:

„Ich denke da besonders an Nachrichtenredaktionen. Es gibt einen Grund, warum sie echte, ehemalige Ärzte im Personal haben. Sie sprechen ständig über irgendwelche Leiden und Krankheiten, die neu auftreten. Sie haben dieses Vertrauen bereits aufgebaut, und wenn es eine Situation wie diese gibt, dann hat man ja bereits jemanden als Medizinexperten, der eine vertrauenswürdige Stimme ist.“

 

Brad Connett, Präsident der Henry Schein US-Medical Group, sorgt sich, ob ausreichend Militär angesichts möglicher Unruhen zur Verfügung steht:

„Wenn es wirklich katastrophal wäre, weiß ich nicht, ob wir auf die Unruhen vorbereitet wären, die kommen könnten. Wir haben nicht wirklich viel über unsere öffentliche Sicherheit, einschließlich des Militärs gesprochen. Sind sie bereit für solche Unruhen, wenn es wirklich ausarten würde? Ich sehe es nicht in den empfohlene Maßnahmen.“

 

Das Schlusswort in der Diskussion hat dann Matthew Harrington mit einer prägnanten Zusammenfassung:

„Ein Punkt, trotz der Übereinstimmung hier im Raum über die Bedeutung einer zentralen Führungsrolle denke ich, die Herausforderung besteht darin, sich über diese zentrale Führung zu einigen.“

 

Er erntet trockenes Lachen.

 

Lösungsansätze aus meiner Sicht

 

Sehr viele der beim Event 201 diskutierten Maßnahmen und Vorgehensweisen erleben wir seit März 2020 ganz real. Insbesondere das beklemmende Zusammenwirken von PR und Medien, das Beeinflussen einflussreicher Experten, der fehlende Diskurs und die einseitige Berichterstattung, die Zensur im Internet bis hin zur Löschung ganzer YouTube-Kanäle ist traurige Realität geworden.

 

Ich schreibe hier ausdrücklich, dass ich es sinnvoll finde, Theorien darüber durchzudenken, welche Beweggründe hinter dem Event 201 und den vergangenen Simulationsübungen stehen, was die Akteure jeweils beabsichtigen, wer alles einen Vorteil daraus zieht, und ob oder wie sehr die aktuelle „Pandemie“ und die globalen Reaktionen darauf mit den Übungen in Zusammenhang stehen. Wo immer in der Welt Unrecht geschieht, welches von mehr als einer Person im Geheimen geplant und verursacht wurde, sind auch hypothetische Überlegungen dazu eine notwendige Arbeitsgrundlage, etwa der Kriminalpolizei. Im Journalismus bedarf das alles ausführlicher Recherchen. Wer diese weiterführt, dem wünsche ich Anerkennung, nicht Ignoranz oder gar Diffamierung.

 

Ich selbst werde das Geschehen aus macht- und medienanalytischer Sicht weiter beobachten und natürlich auch weiterhin über die Ergebnisse dazu berichten. Es lässt sich sicher nicht monokausal erklären, was beim Event 201 alles beabsichtigt wurde und inwieweit es mit der Coronakrise zusammenhängt. Einige ihrer Absichten und Vorstellungen äußerten die Teilnehmer jedoch selbst sehr klar, insbesondere im letzten Teil der Übung, wie wir gesehen haben.

 

Es wird nicht eine einzige, sondern eine Vielzahl miteinander verbundener Erklärungen und Zusammenhänge verschiedener vorhandener Machtstrukturen geben. Wenn Menschen in materieller Hinsicht sehr mächtig sind und zusammenarbeiten, heißt das nicht, dass sie sich untereinander verstehen oder wirklich an einem Strang ziehen. Solche Eliten-„Freundschaften“ scheinen mir oft eher strategischer und temporärer Art zu sein. Man denke nur an die zahlreichen Kriege, in welchen ehemals Verbündete samt Regierungschef plötzlich zu Feinden erklärt wurden, je nach geostrategischer Entwicklung und Absicht.

 

Ich biete daher heute eine andere Sicht an, mit welcher wir auf das Zeitgeschehen blicken können, ohne uns über die Absichten einzelner, teils machtorientierter und skrupelloser Akteure zu streiten. Es ist diese Sicht: Wollen wir grundsätzlich, dass sich einflussreiche Menschen so wie hier beschrieben über globale Strukturen und Entscheidungen absprechen? Gehen wir mal davon aus, sie alle wollen nur unser Allerbestes, und glauben fest daran, dass die oben beschriebene Vorgehensweise der Zentralisierung, Finanzierung, Zensur und Informationsflutung wirklich hilfreich für die ganze Menschheit ist: Glauben wir das ganz persönlich etwa auch? Teilen wir das Weltbild, das hier durchgespielt wurde?

 

Zahlreiche oben genannte Überlegungen sind inzwischen weltweit Realität geworden. Angenommen, dies geschah, weil die Entscheider jeweils unsere Gesundheit im Sinne haben, und sonst nichts: Macht es uns gesund?

 

In welcher Welt wollen wir leben? Wie weit, wie sehr, und wie tief, wollen wir, jeder einzelne und wir alle als Gesellschaft, die Verantwortung noch abgeben für unser Leben, unsere Gesundheit und unser Glück?

 

Das Zusammenleben der Menschen ist aus meiner Sicht keine Maschine und auch kein Computernetzwerk, das man von einer zentralen Stelle aus steuern und erhalten kann. Es ist im Gegenteil ein kreativer, zutiefst lebendiger Prozess. Es ist wie das Leben selbst, stets im Wandel, nicht vorhersehbar und voll von individueller Inspiration. Fachleute sollten wir an ihrem Wissen in Verbindung mit ihrer Weisheit erkennen oder an ihrem konkreten Dienst an der Menschheit, nicht an ihrem Bankkonto, ihren Institutionen, Auszeichnungen, Wimpeln und an ihrer strukturellen Macht.

 

Entscheider sollten gewählt und demokratisch legitimiert sein. Haben wir die oben genannten Teilnehmer oder die Veranstalter gewählt und gebeten, für uns irgendwelche globalen Entscheidungen zu treffen? Wie fühlt sich die Vorstellung an, eine wie auch immer beschaffene supranationale Instanz könnte den (gewählten!) Regierungen einzelner Nationen Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge vorschreiben? Wie ist das noch vereinbar mit unseren Bedürfnissen nach Demokratie, Souveränität, kultureller Vielfalt und Menschenwürde?

 

Für mich endet diese Überlegung in der Frage: Wer sind wir? Zahnrädchen oder Seele? Wie wollen wir als Menschheit unser Zusammensein auf Erden gestalten?

Ich kann, vollkommen unabhängig davon, welche Absichten die Planer und Befürworter von Zentralisierung und Zensur verfolgen, für mich selbst erkennen: Das will ich nicht. Dem will ich mich nicht anschließen und erst recht nicht unterordnen. Ich glaube an die Würde und die Freiheit des Menschen, an unsere grundsätzliche Fähigkeit, Demokratie zu leben, neu zu denken und zu entwickeln, auch wenn sie eine Herausforderung ist, sowie an die uns innewohnende Intuition und Klugheit, die uns zu eigenständig denkenden und entscheidenden, nicht perfekten, aber erwachsenen Menschen macht! In diesem Sinne hoffe ich, dass wir uns an unsere Menschlichkeit erinnern und uns aus äußerlichen, finanziellen und gesellschaftlichen Abhängigkeiten zunehmend befreien, individuell wie kollektiv.

 

Abschließend noch einige Worte zum Thema Angst. Angst ist — gesellschaftlich gesehen — aktuell wohl unsere größte Herausforderung. Angst kann unser Denken lähmen und unsere Handlungsbereitschaft schwächen. Sie lässt uns voneinander getrennt empfinden. Große Angst macht es fast unmöglich, Entscheidungen zu treffen. Sie verunmöglicht den Dialog, das Dazulernen und einen kreativen Austausch. Angst führt daher zu Spaltung, auch von Bewegungen, die ähnliche oder gleiche Ziele haben. Deshalb: Seit jeher wussten Machthaber, dass eine Gesellschaft, in Angst versetzt, leicht zu steuern und zu beherrschen ist. Und nicht zuletzt: Angst schwächt unser Immunsystem.

 

Bevor wir konstruktiv Lösungen finden können, ist es unser aller Aufgabe, die Angst in uns zu beruhigen! Das betrifft sowohl die Angst vor Krankheit als auch die Angst vor Unfreiheit, institutioneller Korruption, Jobverlust oder einer Diktatur. Wir sind nicht ohnmächtig. Es wird nur manchmal viel Aufwand betrieben, damit es so erscheint. Tatsächlich lohnt es sich aber, sich jeden Tag aufs neue das Ausmaß der eigenen Freiheit und Wirkkraft bewusst zu machen. Dabei helfen Fragen wie: Wie geht es mir? Was lese ich? Worüber denke ich nach? Wer bezahlt mich? Mit wem spreche ich? Wen beeinflusse ich? Wem diene ich? Wem widme ich meine Zeit? Nutze ich meine vorhandene Freiheit überhaupt?

 

Reinhard Mey sang schon in den Neunzigern: „Pass auf, dass du deine Freiheit nutzt, die Freiheit nutzt sich ab, wenn du sie nicht nutzt“ — und das ist wahr.

 

Je mehr wir unsere gefühlte Ohnmacht in Selbstermächtigung verwandeln, desto ruhiger können wir in Kontakt miteinander gehen und auch gangbare Lösungen finden für die Zukunft.


Quellen und Anmerkungen:

(11) Im Originalvideo des Event 201: „legitimate newser“.
(12) In Davos findet das jährliche Weltwirtschaftsforum statt.

Angela

Zurück nach oben