Der Medien-Dschungel: Gegen den Informationskrieg helfen nur erprobte Mittel geistiger Selbstverteidigung. (Teil 1)

Achtung Fake News: 1991 traten über 20 Länder in den Golfkrieg ein, nachdem irakische Soldaten Babys aus Brutkästen geworfen hatten. 2003 griffen George W. Bush und Tony Blair den Irak an, weil Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besaß. Am 11. September 2001 stürzten zwei Gebäude ein. Und Wolfgang Wodarg ist ein Spinner.

All das stimmt nicht. Die beiden Kriegsbegründungen waren gelogen, am 11. September stürzten drei Gebäude ein, und über das zuletzt angeschnittene Thema Corona wird aktuell leidenschaftlich gestritten. Mit Sicherheit ist Wolfgang Wodarg kein Spinner, er hat sich viel gegen Korruption und für Ehrlichkeit eingesetzt, auch schon in Bezug auf die Schweinegrippe, wie die Arte-Doku „Profiteure der Angst“ aus dem Jahr 2009 zeigt.

Die Geschichte mit den Babys im Jahr 1990 war eine PR-Erfindung der Agentur Hill & Knowlton Strategies (1). Die Massenvernichtungswaffen 2003 waren eine glatte Lüge, für die sich US-Außenminister Colin Powell spät, aber immerhin öffentlich entschuldigt hat. Das dritte Gebäude, welches am 11. September 2001 einstürzte, heißt WTC7, es befand sich über zwei Sekunden im freien Fall, zerfiel größtenteils zu Staub (2) — und es ist kein Flugzeug hineingeflogen. Wie präsent sind diese Hintergründe in unseren Medien und Köpfen?

Medienlügen waren und sind meistens in allen unseren etablierten Medien parallel zu sehen, zu hören, und — wichtig! — auch zu fühlen. Das wiederum hinterlässt bei uns Emotionen, die oft jenen in die Tasche spielen, die das Narrativ in die Welt gesetzt haben.

 

Der verdeckte Informationskrieg

 

An erster Stelle sollten wir uns alle darüber im Klaren werden, dass eine Art Informationskrieg läuft. Verdeckt ist diese Kriegsführung, wenn verborgen wird, wer mit welcher Absicht dahinter steht. Die Strategien — von Finanzierung bis Diffamierung — werden im Verborgenen geplant und durchgeführt, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Diese wird dann lediglich mit dem Endprodukt konfrontiert, den Geschichten, die dabei herauskommen.

Beispiele dafür sind die oben genannten Kriegslügen, oder auch die Integrity Initiative, eine vom britischen Außenministerium, der NATO, dem US-Außenministerium und Facebook mitfinanzierte, eng mit Militärs und Geheimdiensten verwobene Initiative aus dem Jahr 2015. Ihr erklärtes Ziel ist, gegen „russische Desinformation“ vorzugehen. Es handelt sich hier um ein Netzwerk, welches geheim bleiben sollte. Geleakt wurden interne Papiere der Integrity Initiative 2018 von Anonymous.

„Die geheime, mit einem Jahresbudget von 1,9 Millionen Pfund (2,4 Millionen US-Dollar) ausgestattete sogenannte Integritätsinitiative besteht aus ‚Clustern’ von lokalen Politikern, Journalisten, Militärangehörigen, Wissenschaftlern und Akademikern. Das Team widmet sich der Suche nach und Veröffentlichung von ‚Beweisen’ für die vermeintliche russische Einmischung in europäische Angelegenheiten, während es sich selbst hinter den Kulissen mit Beeinflussung beschäftigt“, fasst RT Deutsch zusammen. Durch die Integrity Initiative wird also im Geheimen Spaltung erzeugt, indem eine Gruppe käuflicher Menschen für eine gezielte Hetze quasi finanziell „aufgerüstet“ wird.

„Eigentlich — das legen die internen Papiere nahe — geht es jedoch eher darum, die Lufthoheit in der Propagandaschlacht zu behalten und die NATO-Sichtweise zur vorherrschenden Meinung zu machen“, so die NachDenkSeiten. Wir leben also in einem Art Medienscheinfrieden.

Technisch bedingt befinden wir uns inmitten einer Informationsrevolution. Das Internet, die sozialen Medien und Videoplattformen, allen voran YouTube, haben die Vormachtstellung der etablierten Medien ins Wanken gebracht. Entsprechend massiv wird vor der „Gefahr“, die von ihnen ausginge, gebetsmühlenartig gewarnt und die Akteure darauf diffamiert. YouTube gibt es seit 2005 und hat sich seitdem sehr weiterentwickelt. Facebook gibt es seit 2004. Informationen laufen nicht mehr nur von oben nach unten, sondern die Nutzer tauschen im Internet Neuigkeiten und Meinungen untereinander aus. Zudem ist es Journalisten und Experten möglich geworden, unabhängig zu veröffentlichen.

Bei dem gegenwärtig laufenden Informationskrieg handelt es sich um einen Kampf um die Meinung in unseren Köpfen sowie um die Emotionen, die wir haben, etwa Angst oder Wut auf eine bestimmte Personengruppe, eine Kultur oder ein Land. Ängste sind besonders gefährliche Emotionen, da sie uns sehr manipulierbar machen. Unsere Gedanken und Gefühle sind also das Territorium, um welches gekämpft wird. Beim Militär nennt man diesen Teil des Kriegs Psychologische Kriegsführung oder, kurz und aus dem amerikanischen Militär übernommen PsyOp, was für Psychological Operations steht.

PsyOp reichen vom Abwerfen von Flugblättern in einem umkämpften Land über die Beeinflussung von Radio- und Fernsehmeldungen bis hin zur gezielten Beeinflussung entscheidender Politiker — sei es aus den „feindlichen“ oder illegalerweise den eigenen Reihen.

Zurück zu den Medien: Da unsere großen Medienhäuser leider von machtvollen wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen beeinflusst sind, berichten sie zu den betreffenden Themen nicht unabhängig. Ausnahmen und gute Berichte gibt es immer auch, aber diese sind schwerer zu finden, dazu unten mehr.

Als einfache Faustregel gilt: Je mehr Macht und Geld bei einem Thema im Spiel sind, desto misstrauischer sollten wir die Berichterstattung dazu verfolgen.

Die kritische ZDF-Satiresendung Die Anstalt griff diese Verstrickung unserer Leitmedien schon 2014 kreativ auf und berichtete sehr exakt über deren transatlantische Verbindungen. Das ernüchternde Fazit von Max Uthoff am Ende des Dialogs war dann:

„Aber dann sind ja alle diese Zeitungen nur so was wie die Lokalausgaben der NATO-Pressestelle!“

Die Zeit erhob Klage gegen die Sendung vor dem Hamburger Landgericht, wurde aber abgewiesen. Die Sendung wurde daraufhin aus der ZDF-Mediathek entfernt. Eine aktuellere Infografik zu den transatlantischen Verflechtungen der Vorstandsvorsitzenden, Verleger und Intendanten unserer etablierten Medien findet sich samt Quellen auf der Seite der Swiss Policy Research.

Zum Thema Corona übt Die Anstalt ihre satirische Systemkritik nun übervorsichtig und in beinahe homöopathischen Dosen. Auf mich wirkt das wie eine Gratwanderung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dessen Meinungskorridor enger geworden ist als je zuvor. Das Wodarg-Bashing in der Sendung vom 24. März 2020, eingeleitet mit einem grünstichigen Foto des Arztes und einem Lacher über seine Frisur, bedeutet sogar fast schon eine Kapitulation der ehemals erfolgreichen Hofnarren vor dem Königshaus. Dazu passend wendet sich auch die Sendung vom 2. Juni 2020 überwiegend gegen jene Experten aus der Medizin, die die extreme Gefährlichkeit der Pandemie hinterfragen. Die Einspieler von Gast-Satirikern füttern mit durchdachter Rhetorik den Kampfbegriff „Verschwörungstheoretiker“. Erst im letzten Viertel erlauben sich die Macher zehn Minuten fundierte Kritik an den wirtschaftlichen Interessen und Verflechtungen der Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung.

Was nach der Sendung subjektiv hängen bleibt, ist in etwa: Die kritischen Experten sind unseriös, die Journalisten im Internet sind Spinner, der Pandemie-Kurs stimmt, die Regierung darf man trotzdem ein klein wenig hinterfragen — sonst hätte die gesamte Sendung ja ihr Thema verfehlt — und die Interessen der Gates-Stiftung auch, aber erst, nachdem man sich das Kritiker-Bashing angesehen hat. Wie soll man das aber machen, wenn die alternative Berichterstattung 35 Minuten lang in der Sendung beinahe durchweg platt geredet wird?

Zur Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung ist hier noch die Zahlung von 2,3 Millionen Euro an den Spiegel nennenswert, eine „Förderung“ für ein „von beiden Seiten vereinbartes, konkretes Projekt“ mit dem Namen „Globale Gesellschaft“. Ähnlich läuft es europaweit: „Große europäische Medien wie The Guardian und El País haben mit ‚Global Development’ beziehungsweise ‚Planeta Futuro’ ähnliche Sektionen auf ihren Nachrichtenseiten mit Unterstützung der Gates-Stiftung aufgebaut“, erklärt der Spiegel (3).

Die Nutzung unserer etablierten Medien ohne das Internet macht aus meiner Sicht keinen Sinn mehr, weil zu viel vertuscht und zu viel gelogen wird. Es erscheint mir am effektivsten, die verfügbaren Medien und Quellen gemischt und eigenverantwortlich zu nutzen. Nur wie? Ich wage hier eine Analogie mit unserer Ernährung.

 

Medienkonsum: Junkfood oder Gourmetküche?

 

Wir selbst entscheiden, wann wir essen, was wir essen, und wie viel wir wovon essen. Niemand würde einen Lieferservice beauftragen, für ihn tagtäglich die komplette Zusammenstellung aller Nahrungsmittel des Tages zu übernehmen und fertig zu liefern, vom ersten Kaffee bis zum letzten Glas Wein. Das würde unsere Selbstbestimmtheit untergraben, und wäre — je nach Lieferant — eventuell auch sehr ungesund. Ähnlich verhält es sich mit Tageszeitungen oder dem laufenden Fernsehprogramm.

Grundsätzlich lohnt sich immer ein Blick auf die Herkunft des Produktes: Ist es biologisch oder kommerziell orientiert hergestellt worden? Wem also dient die Firma, die es vertreibt? Eher uns oder eher dem Geld?

Am wichtigsten ist es natürlich zu entscheiden, was man isst. Was braucht unser Körper wirklich gerade, was nährt uns? Salat oder Reis? Wir sollten also das Thema selbst bestimmen, über das wir informiert werden möchten. Nur weil jemand auf der Straße lautstark Eis anbietet, essen wir nicht fünf Kugeln Eis zu Mittag. Nur weil ein Thema oder ein bestimmter Unterpunkt zu einem Thema auf allen Titelseiten steht, heißt es nicht zwangsläufig, dass dies gerade das wichtigste Thema oder der entscheidende Punkt ist. Besser ist es, sich zu fragen: Was sind die brennenden Fragen unserer Zeit? Was interessiert mich am meisten? Was nährt meinen Geist, und wo bringe ich mich selbst ein?

Zusätzlich ist es gut, den „Energiegehalt“ dessen zu beachten, was man da zu sich nimmt. Wie ist die Zusammensetzung aus Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett? Wie reagieren wir auf die Nahrung? Kraftvoll, belebt? Oder dumpf und schwer? Oder gar mit Übelkeit? Wie ist die Information zusammengesetzt, die wir aufnehmen? Hinterlässt sie bei uns Erkenntnis? Wird etwas klarer als zuvor? Was passiert mit unseren Gefühlen: Entstehen Trägheit, Verwirrung, Ohnmachtsgefühle, Spaltung, Hass oder Gewaltbereitschaft? Entsteht das Bedürfnis, mich jemandem oder einer Sache unterzuordnen? Dann sollten wir den Konsum stoppen.

Beim Essen spielen zu guter Letzt noch die Menge und das richtige Timing eine Rolle. Trinkt man fünf Gemüse-Smoothies hintereinander, wird einem auch unwohl sein, egal wie gesund sie sind.

Alles Neue will auch verarbeitet werden, mit Informationen ist es nicht anders. Auch wenn sie wertvoll sind, sollten wir nicht übertreiben und uns nicht von unserem eigenen Leben ablenken. Wir überfordern uns sonst schlichtweg selbst.

Quellen und Anmerkungen:

(1) Ganser, Daniele: Illegale Kriege, wie die NATO-Länder die UNO sabotieren, Orell Füssli Verlag 2018, Seite 213.
(2) Europhysics News 47/4, Seite 24.
(3) Spiegel Online, https://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-fluechtlingshilfswerk-fast-80-millionen-menschen-sind-weltweit-auf-der-flucht-a-3e815398-bcb2-419e-84a3-3a4607dfe17e , zu finden am Ende des Artikels, unter: „Haben auch andere Medien ähnliche Projekte?“

 

Angela

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